Samstag, Oktober 15, 2011

Securitate und Partei



"Wer vom Stalinismus nicht reden will, 
der sollte vom Faschismus schweigen." 
Jorge Semprún (1923-2011)

Securitate und Partei
Securitatea şi partidul
Alle von der Securitate durchgeführten Maßnahmen wurden in der Ceauşescu-Zeit von der zentralen beziehungsweise lokalen Parteiführung genehmigt. Bedeutsame Operationen wie beispielsweise durchkonstruierte Propagandakampagnen gegen die ungarische Minderheit (siehe hier Einzelheiten zur so genannten Operation Bolyai, RFE, 11.8. 2010) wurden von Ceauşescu höchstpersönlich genehmigt bzw. wurden ihm die Ergebnisse solcher Manipulationen vorgelegt. Beispielsweise die Passagen aus einer Adam Müller-Guttenbrunn gewidmeten zweibändigen Monographie, die 1975 in der Bundesrepublik erschienen ist und deren Autor die „Ratschläge" der Securitate in sein Werk einfließen ließ. 
Weresch. Nekrolog, SbZ, F 12, 31.7.1986, S. 4
Anlässlich einer von drei Zusammenkünften mit seinem Führungs- und Verbindungsoffizier Major Aurel Crişan in Temeswar, am 7.-8. April 1976, übergab er diesem sein Guttenbrunn-Buch. In seinem Bericht notiert Crişan bezüglich der Monographie, der Verfasser habe darin wichtige Materialien über den Ursprung und die Kontinuität des rumänischen Volkes eingestreut ("strecurat") sowie Informationen über die Magyarisierungstätigkeit der Ungarn "auf dem Territorium unseres Landes". 
Nekrolog für Weresch, BP, 31. Jg. 20. 8. 1986
Im gleichen Bericht werden auch Gegenleistungen der Securitate festgehalten, die sich u.a. auf die Ausreisegenehmigung einer Person beziehen, die bis im Herbst 1975 am Deutschen Staatstheater in Temeswar angestellt war.
Ein  zusammenfassender Bericht wurde Ceauşescu übergeben, in dem einzelne Abschnitte aus der Adam-Müller-Guttenbrunn-Monographie von Securitatemitarbeitern der Brigade "Z.I." übersetzt wurden, was  einer handschriftlichen Notiz des Führungsoffiziers, Major Aurel Crişan zu entnehmen ist. Die Brigade Z.I. bereitete Dokumente vor, die für die oberste Staats- und Parteiführung bestimmt waren. 





ACNSAS, SIE 8817, vol 2, f. 510

Der Bericht an Ceauşescu enthält u.a. auch folgende Belegstelle aus dem Buch des Temeswarer Verfassers, der 1968 Rumänien verlassen durfte und bis Ende 1978 als Agent im Auslandseinsatz für die rumänische Geheimpolizei arbeitete. 


"Românul care se referă azi cu mîndrie la originea sa romană şi a cărui înălţare morală are loc acum în Ungaria, în Transilvania, în Moldova şi în vechiul regat a fost acum aproape 2000 de ani stăpîn şi purtător al culturii în Dacia Romanilor. După o asuprire îndurată timp de secole, din adîncul întunericului, s-a deşteptat în această ţară spiritul poporului şi în marele an 1848 »îi regăsim pe români ca un popor conştient, unit care se ridică ca o putere a naturii şi judecă  necruţător pe stăpînii şi asupritorii lor de odinioară«". (Cf. materialul microfilmat, ACNSAS, SIE 8817, vol. 2, ff. 510-512v.) 
Hier der gleiche Abschnitt in der Originalfassung des inoffiziellen Mitarbeiters Rudy (alias Mayer Iosif von 1958-1960 und 1966-1968):

„Der Rumäne, der sich heute mit Stolz auf seine römische Abstammung beruft und dessen sittliche Erhebung sich in Ungarn, in Siebenbürgen, in der Moldau und im Altreich vollzieht, war vor fast zwei Jahrtausenden im Dazien der Römer ein Herr, ein Kulturträger...” Nach einer Jahrhunderte hindurch erlittenen Unterdrückung „erwachte in diesem Land der Volksgeist aus seiner tiefen Umnachtung und im großen Jahre 1848 finden wir die Rumänen bereits als ein selbstbewußtes, einiges Volk, das sich wie eine elementare Macht erhebt und ein furchtbares Strafgericht hält über seine früheren Herren und Bedrücker.” (Hans Weresch, Adam Müller-Guttenbrunn sein Leben, Denken und Schaffen, Bd. 2, Selbstverlag des Verfassers, Freiburg i. Br. 1975, S. 472.)  

Hinter der Abkürzung „Z.I.” verbirgt sich somit kein IM. Auch keine Temeswarer Hochschullehrer, die während der kommunistischen Diktatur für die Geheimpolizei schnüffelten. Einige von diesen tauchen im Laufe der Jahre in verschiedenen Akten unter den Decknamen „Barbu”, „Sandu”, „Sanda”, „Bogza„CuglerBonaManoleSimona, „Vlase” etc. auf. (Nicht alle haben der Securitate belastendes Material über die Tätigkeit Dritter geliefert.) Manche von ihnen waren Mitglieder des im Herbst 1968 umbenannten Temeswarer deutschen Literaturkeises „Adam Müller-Guttenbrunn”. (Bis dahin trug er den Namen "Nikolaus Lenau".) Über die Umbenennung des Literaturkreises lieferte „Mayer Iosif” der Securitate übrigens einen ausführlichen Bericht. Ob er sich tatsächlich unter den 37 Teilnehmern an der Umbenennungssitzung befunden hat, geht aus dem am 22. Oktober 1968 in der „Neuen Banater Zeitung” von Wilhelm Junesch veröffentlichten Artikel - “Literaturkreis Adam Müller Guttenbrunn. Franz Liebhard über das Programm. Nächste Sitzung am 17. November” - nicht hervor. In dem am 9. November 1968 in den Akten registrierten, langen Bericht werden einige der Literaturkreismitglieder beschrieben, beispielsweise: Hans Kehrer (alias Stefan Heinz), Franz Liebhard (alias Robert Reiter), Ludwig Schwarz, Rudolf Hollinger, Nikolaus Berwanger, Hans Bohn, Erwin Lessl u.a. 





In seiner Ansprache anlässlich der Eröffnung des in Adam Müller-Guttenbrunn umbenannten Literaturkreises der Temeswarer Filiale des Schriftstellerverbandes betonte damals Franz Liebhard:

„Wir sehen heute in Adam Müller-Guttenbrunn ein Symbol für die historisch entstandenen und unter großen Spannungen gewachsenen Freundschaftsbeziehungen zwischen Banater Deutschen und Rumänen und ich bin überzeugt, völlig im Geiste dieser Beziehungen zu handeln, wenn wir unsere literarische Arbeitsgemeinschaft nach dem Namen des Schriftstellers Adam Müller Müller-Guttenbrunn benennen.” (Franz Liebhard, "Hauptzüge im Schaffen einer komplexen Schriftstellerpersönlichkeit. Ansprache Franz Liebhards anlässlich der Eröffnung des Temeswarer Literaturkreises Adam Müller-Guttenbrunn im Jahre 1968”,  in: Nikolaus Berwanger, Adam Müller-Guttenbrunn. Sein Leben und Werk im Bild, Kriterion Verlag, Bukarest 1976, S. 29-36).

Die ersten stalinistischen Vereinnahmungsversuche Müller-Guttenbrunns wurden Mitte der 1950er Jahre im Zusammenhang mit der Neubewertung des „kulturellen Erbes” formuliert. Der umstrittene Autor des Romans „Jetzt, da das Korn gemahlen” (1957) Andreas A. Lillin versuchte Guttenbrunn 1955 und 1956 in die Galerie der „fortschrittlichen” Literaten einzureihen und ihn für das breite Publikum im Sinne der kommunistischen Doktrin salonfähig zu machen. In seinem in der Zeitschrift „Neue Literatur” (Nr. 1, 1956) veröffentlichten Aufsatz, „Die Erntestreikbewegung im Banat in den Jahren 1905 und 1906 und ihre Widerspiegelung in Adam Müller-Guttenbrunns »Götzendämmerung, ein Kulturbild aus Ungarn«” deutet Lillin das Werk des Schwabendichters in klassenkämpferischer Manier und kommt zum apodiktischen Schluss, „er gehört uns”:

„Adam Müller-Guttenbrunns Schaffen hatte mit dem programmatischen-nationalistischen Gebaren, das seine im Dienste des schwäbischen Großkapitals stehenden Ausdeuter später aus ihm herauszuhören vorgaben und ihm dann, seine Lebensanschauung wie sein Werk fehldeutend unterschoben, nichts gemein.” (NL, Nr. 1, 1956, S. 114) 

Mehr als ein Jahrzehnt später, am 16. März 1967,  beschwerte sich der stalinistische Literaturkritiker, Paul Langfelder über die Rehabilitierungsbestrebungen eines Müller-Guttenbrunn, den er, laut einem Bericht des Securitatehauptmanns Gheorghe Preoteasa, wegen seiner Rolle innerhalb der nationalistischen, pangermanischen (alldeutschen) Bewegung ablehnte. Gleichzeitig warnte er vor einer erneuten Verbreitung der Schriften Guttenbrunns, nachdem im Bukarester Jugendverlag ein “unschuldiges” Buch des Banater Autors erscheinen werde. 
„Astfel în prezent se lucrează foarte intens la reactivizarea operelor lui Guttenbrunn Adam Müller, poet care este slab prin creaţia sa. Despre Adam Guttenbrunn Langfelder Paul relata că a fost unul din conducătorii  partidului pangerman care avea sediul la Viena. Guttenbrunn era adeptul unui Banat german în cadrul Balcanilor germani. În prezent o să apară în literatura germană editată de Editura Tineretului o lucrare »nevinovată« a sa, dar aceasta va determina apariţia în bibliotecile din satele cu populaţie germană a tuturor lucrărilor sale care mai există la persoane particulare.” (Raport privind contactarea lui Paul Langfelder - care din proprie iniţiativă “a solicitat o întîlnire” la 16. 3. 1967, raport scris de mînă şi semnat de căpitanul de Securitate Gheorghe Preoteasa din Bucureşti, la data de 25 martie 1967, ACNSAS, I 257358, vol. 1, ff. 282-284) 
Zwölf Jahre später scheint Adam Müller-Guttenbrunn im realexistierenden Sozialismus angekommen und in politisch gereinigter Form, in den offiziellen Kanon integriert worden zu sein. Einen Beitrag zu dieser Neubewertung lieferte auch "Rudy” mit seiner Monographie, in der nur noch vage an die militant antisemitischen und aggressiv fremdenfeindlichen Entgleisungen des zum Klassiker der banat-deutschen Literatur erhobenen Schriftstellers Müller-Guttenbrunn erinnert wird. Einige unzeitgemäße Abschnitte, aus seiner 1927 erschienenen monographischen Würdigung des “Erzschwaben” hatte „Rudy” umgeschrieben und 1975 auch in seine umfangreiche Monographie aufgenommen. Gleichzeitig schwächte er einige seiner früheren, nationalvölkischen Einschätzungen ab, obwohl er streckenweise ganze Abschnitte aus seinem 1927 in Temeswar veröffentlichten Buch übernahm, von denen er überzeugt war, dass sie keinen politischen Anstoß erregen würden. 
Die von ihm betreute Ausgabe der Werke Müller-Guttenbrunns ist stellenweise grob verfälscht. So der 1977 in Freiburg i. Br. im III. Band der Werkausgabe nachgedruckte Roman "Meister Jakob und seine Kinder" (Erstausgabe: L. Staackmann, Leipzig 1917 und zensierter Nachdruck im Bukarester Kriterion Verlag 1978, herausgegeben von Hans Kehrer, der in seinem Vorwort präzisierte: "Die vorliegende Ausgabe erfuhr einige Kürzungen. Sie erwiesen sich als notwendig, weil einige Abschnitte, die zu sehr der Entstehungszeit und ihrer Polemik verhaftet sind, heute als störendes Beiwerk empfunden und deshalb leicht entbehrt werden können." a.a.O., S. 11): 

Der aus dem Banat stammende Hans Weresch, der in die Bundesrepublik übersiedelte und bis zu seinem Lebensende die Herausgabe der Werke Müller-Guttenbrunns betreute, unterzog den "Meister Jakob" einer sprachlichen Fassadenreparatur, wahrscheinlich in der Absicht, dessen Ethnozentrismus etwas abzuschwächen. (Die Bezeichnng "Walache" wurde in der Weresch-Ausgabe beispielsweise stillschweigend durch das Wort Rumäne ersetzt.) (Vgl. William Totok, Die Zwänge der Erinnerung. Aufzeichnungen aus Rumänien, Junius Verlag, Hamburg 1988, S. 30)
1977: "Zwei ihrer Weingärten lagen ja recht weit ab, hinter dem Hotter der rumänischen Nachbargemeinde. [...] Und wenn die Schwaben an dem rumänischen Dorf vorbeifuhren, rechneten sie immer damit, daß sich da Arbeitsfreiwillige meldeten und mitgenommen werden mußten. Und das war dann auch meist der Fall. Die Rumänen warteten vor ihrem Dorf, feilschten mit den Bauern um den Lohn und stiegen auf." (Adam Müller-Guttenbrunn, "Meister Jakob und seine Kinder, Roman", in: ders., Gesammelte Werke, Band III, herausgegeben von Dr. Hans Weresch, Freiburg i.Br. 1977, S. 210.)
1978: "Zwei ihrer Weingärten lagen ja recht weit ab, hinter dem Hotter der walachischen Nachbargemeinde. [...] Und wenn die Schwaben an dem walachischen Dorf vorbeifuhren, rechneten sie immer damit, daß sich da Arbeitsfreiwillige meldeten und mitgenommen werden mußten. Und das war dann auch meist der Fall. Die Walachen warteten vor ihrem Dorf, feilschten mit den Bauern um den Lohn und stiegen auf." (Adam Müller-Guttenbrunn, Meister Jakob und seine Kinder, Roman, Vorwort und Anmerkungen: Hans Kehrer, Kriterion Verlag, Bukarest 1978, S. 33-34)


In einem für die Securitate verfassten Gutachten der Doktorarbeit von Herbert Bockel schrieb der Temeswarer Hochschullehrer Corneliu Nistor am 19. Oktober 1979: 

„Ca specialist în domeniul literaturii comparate, apreciez eforturile vizibile ale lui Herbert Bockel de a integra fenomenului literar european creaţii literare care, cele mai multe, stau sub semnul provincialismului şi al diletantismului literar (cu excepţia unor creaţii într-adevăr de renume ca cele ale lui Adam Müller-Guttenbrunn sau Oscar Walter Cisek)”. 

Am Ende seiner Ausführungen spricht der Experte Corneliu Nistor (der sich auch schon 1975 zusammen mit Ignat Bociort und Karl Streit als literarischer Sachverständiger zu den von der Securitate beschlagnahmten Texten von William Totok geäußert hatte - siehe dazu auch das Interview mit dem früheren Militärstaatsanwalt, Oberst Iosif Burcă) seine unmissverständliche Empfehlung aus: Die Arbeit von Bockel ist in ihrer jetzigen Form für eine Veröffentlichung nicht geeignet.

„Afirm însă cu certitudine că, într-o asemenea formă, lucrarea nu poate fi dată publicităţii [...].”(Corneliu Nistor, Referat asupra tezei de doctorat »Dezvoltarea romanului de limbă germană din România în prima jumătate a secolului 20« alcătuită de tov. Herbert Bockel în vederea obţinerii titlului ştiinţific de doctor în filologie, ACNSAS, I 259088, vol. 2, ff. 41-45)  

In einem am 21. Mai 1995 aufgezeichneten Gespräch, in dem der inzwischen verstorbene Professor Nistor ausführlich über seine Rolle innerhalb der, wie er sagte, 1975 von Ignat Bociort geleiteten Expertenkommission berichtete und dabei beteuerte, nichts Belastendes geschrieben zu haben, erwähnt er auch sein, der Arbeit von Bockel gewidmetes Gutachten. Im selben Interview behauptete er, in seiner Analyse die Doktorarbeit „positiv” bewertet zu haben, was nicht der Wahrheit entspricht. Die inzwischen aufgetauchten Akten aus dem Securitatearchiv belegen, dass Nistor, den Erwartungen der politischen Polizei entsprechend, sein Gutachten im negativen Tonfall abgefasst hatte. Auf die Frage, ob er außer der Expertise aus dem Jahr 1975 auch noch weitere Gutachten verfasst habe, gab Corneliu Nistor folgende Antwort: 

M-au mai solicitat, atunci cînd a fost problema doctoratului lui Herbert Bockel. Eu sînt mîndru că sînt cunoscător de limbă şi literatură germană. Cineva l-a turnat pe Herbert Bockel, cu 3-4 zile înainte de sustinere, că ar scrie o teză despre scriitori fascişti din Banat sau din România, din perioada interbelică. Bănuiesc, că de la catedra de literatură germană a fost chemată mai multă lume, şi am fost şi eu chemat, la judeţul de partid. O noapte întreagă am fost într-o sală acolo, cu teza de doctorat a colegului Herbert Bockel, să caut dacă, într-adevăr, sînt fascişti în lucrarea lui. Toată situaţia a fost ridicolă, pentru că eu nici nu cunoşteam literatura de limba germană din România, nefiind specialist, şi poate, nici nu m-a preocupat aşa, eu ştiam de Preyer, de Robert Reiter, alias Franz Liebhard, m-am pronunţat atunci, că n-am găsit. De unde să fi ştiut cine a fost în nu ştiu ce organizaţii etnice germane. Şi, de fapt, de ce să nu existe aceste organizaţii etnice germane, dacă există o etnie? Mi se pare absurd. Oamenii au dreptul să-şi apere identitatea. Şi poate nu mă gîndesc chiar la alianţe cu Adolf Hitler, istoria e pentru mine un pic în ceaţă. Sînt foarte mîndru că după 2-3 zile a sosit, în sfîrşit, pentru Herbert Bockel, acel "da" din partea organelor. Nu ştiu ce a fost: un denunţ, un invidios... (William Totok, Constrângerea memoriei. Însemnări, documente, amintiri, Polirom, Iaşi, 2001, p. 141.)


Kurz bevor Herbert Bockel seine Doktorarbeit verteidigen sollte, erhielt der damals für die Temeswarer Universität zuständige Securitateoberleutnant Lup Ţepelea am 18. Oktober 1979 von dem bewährten inoffiziellen Geheimdienstmitarbeiter "Bogza" einen langen handschriftlichen, äußerst üblen denunziatorischen Bericht. "Bogza", der bereits früher durch andere Denunziationen aufgefallen ist (u.a. unterstellte er dem Temeswarer Germanistiklehrstuhl, nur Deutsche zu fördern und die Angehörigen anderer Nationalitäten - inklusive Rumänen - zu diskriminieren), behauptet, Bockel beabsichtige, faschistische Autoren rehabilitieren und die rumänische Kultur und Literatur herabsetzen zu wollen. (Siehe den folgenden Auszug aus der Anzeige von "Bogza", der heute in der Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland lebt, Bl. 82)


ACNSAS, I 259088, vol. 1, ff. 80-82

(*) Anm. Halbjahresschrift - hjs-online: Der in dem Bericht von "Bogza" erwähnte Doktorvater von Herbert Bockel ist Dr. Stefan Binder (1907-1997), langjähriger Lehrstuhlinhaber der Temeswarer Germanistik und Vorsitzender der Sachverständigenkommission (siehe den Wortlaut des Gutachtens, ACNSAS, P 000331, vol. 3, Bl. 103-109), die 1959 für die Geheimpolizei die literarischen Arbeiten der fünf verhafteten Autoren Wolf Aichelburg, Hans Bergel, Andreas Birkner, Georg Scherg und  Harald Siegmund begutachtete, die in Kronstadt (damals Stalinstadt) von einem Militärgericht verurteilt wurden. Der Kommission gehörten noch an: der Journalist Nicolae Cîmpeanu, der Intendant des Deutschen Staatstheaters aus Temeswar, Johann Szekler, die Lehrer, Prof. Dr. Heinrich Feichter und Prof. Fridolin Klein, vgl. Peter Motzan, Stefan  Sienerth (Hg.), Worte als Gefahr und Gefährdung. Fünf deutsche Schriftsteller vor Gericht. (15. September 1959 - Kronstadt/Rumänien), München 1993, S. 309-315. In einer Stellungnahme versuchte Binder nach 1990 die belastenden Einschätzungen, die im Gutachten zusammengefasst wurden, herunterzuspielen und wirft zudem den Opfern der stalinistischen Strafjustiz nonchalant "sträflichen Leichtsinn" vor. (Ebenda, S. 74 und Hans Bergel, "Lückenhafte Mitteilungen über einen Urteilsspruch. Der Prozess der deutschen Schriftstellergruppe in Kronstadt 1959"; Anmerkungen des Herausgebers [zum Beitrag von Hans Bergel], in: Halbjahresschrift für südosteuropäische Geschichte, Literatur und Politik, Heft 1, 1992, S. 76-86 und S. 86-90. Für postume Würdigungen Binders siehe: IN MEMORIAM STEFAN BINDER (1907-1997): Peter Kottler, "IN MEMORIAM STEFAN BINDER",  in: Zeitschrift der Germanisten Rumäniens, 1-2 (11-12) Januar-Dezember 1997, S. 331-332; Hans Gehl, "DER BEITRAG STEFAN BINDERS ZUM BANATER DEUTSCHEN MUNDARTWÖRTERBUCH", ebenda, S. 333-341.)

 (*) n.n. Halbjahresschrift - hjs-online: Conducătorul ştiinţific al tezei lui Herbert Bockel, amintit în denunţul lui "Bogza", a fost Dr. Stefan Binder (1907-1997), mulţi ani şef de catedră al germanisticii din Timişoara şi preşedintele comisiei care, în 1959, a redactat pentru Securitate expertiza lucrărilor literare (pentru textul expertizei a se vedea, ACNSAS, P 000331, vol. 3, ff. 103-109) ale celor cinci autori arestaţi, Wolf Aichelburg, Hans Bergel, Andreas Birkner, Georg Scherg şi Harald Siegmund, condamnaţi la Braşov (atunci Oraşul Stalin) de către un tribunal militar. Din comisie au mai făcut parte: jurnalistul Nicolae Cîmpeanu, directorul Teatrului German din Timişoara, Johann Szekler, profesorii Dr. Heinrich Feichter şi Fridolin Klein; cf. Peter Motzan, Stefan  Sienerth (ed.), Worte als Gefahr und Gefährdung. Fünf deutsche Schriftsteller vor Gericht. (15. September 1959 - Kronstadt/Rumänien), München 1993, pp. 309-315. Binder a încercat după 1990 să dezmintă şi să bagatelizeze importanţa expertizei, învinuind pe deasupra nonşalant victimele justiţiei staliniste de faptul că ar fi dat dovadă de „nechibzuinţă condamnabilă“ (ibidem, p. 74 şi Hans Bergel, "Lückenhafte Mitteilungen über einen Urteilsspruch. Der Prozess der deutschen Schriftstellergruppe in Kronstadt 1959"; Anmerkungen des Herausgebers [zum Beitrag von Hans Bergel], în: Halbjahresschrift für südosteuropäische Geschichte, Literatur und Politik, Nr. 1, 1992, pp. 76-86 şi pp. 86-90. A se vedea şi elogierile postume dedicate lui Binder: IN MEMORIAM STEFAN BINDER (1907-1997): Peter Kottler, "IN MEMORIAM STEFAN BINDER", în: Zeitschrift der Germanisten Rumäniens, 1-2 (11-12) Januar-Dezember 1997, pp. 331-332; Hans Gehl, "DER BEITRAG STEFAN BINDERS ZUM BANATER DEUTSCHEN MUNDARTWÖRTERBUCH", ibidem, pp. 333-341.) 



[24. Oktober 1979. Der Temeswarer Securitatechef, Oberst Aurelian Mortoiu und der Chef der lokalen Abteilung 1/A, Oberstleutnant Antonie Ianculescu informieren die übergeordnete Behörde aus Bukarest, die Hauptabteilung 1, über die Doktorarbeit von Herbert Bockel, wobei die Einschätzungen der Geheimpolizei, die auch an die Partei weitergeleitet worden waren, sich in erster Linie auf die Denunziationen von „Bogza” und „Sanda” stützen] 

[24 octombrie 1979. Şeful Securităţii din Timişoara, colonelul Aurelian Mortoiu şi şeful biroului 1/A, locotenent-colonelul Antonie Ianculescu informează Direcţia 1 din Bucureşti despre teza de doctorat a lui Herbert Bockel, preluînd, în primul rînd, pasaje din denunţurile redactate de „Bogza” şi „Sanda”, pasaje folosite în prealabil şi pentru rapoartele trimise organelor P.C.R.] 


ACNSAS, I 259088, vol. 1, ff. 83-84


Weitere Einzelheiten über die Agentenkarriere des Adam-Müller-Guttenbrunn-Forschers "Mayer Iosif" bzw. "Rudy" enthält ein am 19. Oktober 2011 von Radio Free Europe in rumänischer Sprache ausgestrahlter Rundfunkbeitrag:  Securitatea şi partidul (I), RFE, 19.10. 2011; Der 2. Teil des Beitrags hier: RFE, 26.10. 2011Einige Hinweise über dessen Tätigkeit enthält auch die Halbjahresschrift für südosteuropäische Geschichte, Literatur und Politik, Heft 1-2, 2011. Schwerpunktthema:  Minderheiten
Ausführlich über die geheimdienstliche Zusammenarbeit nach 1968 in: William Totok, „Mit tückischer Durchtriebenheit. Durchsetzung der offiziellen Geschichts- und Kulturpolitik im national-kommunistischen Rumänien mit nachrichtendienstlicher Unterstützung“ (III), in: Halbjahresschrift für südosteuropäische Geschichte, Literatur und Politik, 27. Jg., Heft 1-2, 2015, S. 53-78.Zusätzliche Details zur Biografie enthält der dokumentarische Aufsatz von Klaus Popa, Hans Weresch, treu zum katholischen Glauben? 


***

[13. Februar 1968. Nach seiner Rückkehr Anfang 1968 aus der Bundesrepublik, wo er an der Beerdigung seiner Schwiegermutter teilgenommen hatte, überreichte „Mayer Iosif” seinen Führungsoffizieren, Hauptmann Constantin Feraru und Hauptmann Ludovic Toldan, einen ausführlichen Bericht und bemerkt darin, dass seine Anwesenheit in Deutschland die beste Propaganda für das sozialistische Rumänien gewesen sei; kurz danach beginnen die nachrichtendienstlichen Vorbereitungen für seine „definitiven Auslandsaufträge”]

[13 februarie 1968. După ce i s-a permis în ianuarie 1968 să participe la înmormîntarea soacrei sale în Germania, „Mayer Iosif” predă după întoarcerea sa în România ofiţerilor săi de legătură, căpitanii de Securitate Constantin Feraru şi Ludovic Toldan, o notă amplă, considerînd că prezenţa sa în R.F.G. a constituit „cea mai bună propagandă ce s-a putut face României socialiste”; Securitatea începe pregătirile de trimiterea lui „în exterior” cu „sarcini definitive”] 


ACNSAS, I 259075, vol. 1, ff. 166-174


(*) „Mayer Iosif” wurde 1960 verhaftet - Anm. - Halbjahresschrift - hjs-online (*) „Mayer Iosif” a fost arestat în anul 1960 - n.n. - Halbjahresschrift - hjs-online

[** Auszüge aus dem acht Seiten langen, maschinengeschriebenen informellen Bericht von „Mayer Iosif” und den Amerkungen des Securitatehauptmanns Constantin Feraru. Die Namen wurden von uns geschwärzt - Halbjahresschrift - hjs-online]; [** Fragmente din cele 8 pagini dactilografiate ale notei lui „Mayer Iosif” cu menţiunile căpitanului Constantin Feraru din Timişoara. Numele au fost anonimizate de noi - Halbjahresschrift - hjs-online]




[23. März 1972. Auszug aus einem zusammenfassenden Bericht bezüglich der OV „PETRU” und „BARTA”] 

[23 martie 1972. Fragment dintr-o notă sinteză privind D.U.I. deschis asupra numiţilor „PETRU” şi „BARTA”] 
ACNSAS, R 311942
(*) "Mayer Iosif" ist nicht zu verwechseln mit "Mayer" (siehe: "Mayer". Dialoge) - Anm. Halbjahresschrift - hjs-online(*) A nu se confunda “Mayer Iosif” cu “Mayer” (a se vedea "Mayer". Dialoge) - n.n. Halbjahresschrift - hjs-online.  


Überwachungsmaßnahmen - Măsuri de supraveghere 
(Ein weiterer Auszug aus dem gleichen Dokument - 
Alt fragment din acelaşi material).
ACNSAS, I 259075, vol. 5, f. 48

(*) Sursa „Teodor” (uneori şi „Teofil”) este numele de cod pentru tehnică operativă folosită de Securitate pentru supravegherea electronică a unor persoane - n.n.Halbjahresschrift - hjs-online.
(*) Die Quelle „Teodor” (mitunter auch „Teofil”) ist die verschlüsselte Bezeichnung der Securitate für die technisch-operative, elektronische Überwachung bestimmter Personen - Anm. Halbjahresschrift - hjs-online.  







[20. Februar 1975. Hans Weresch, alias „Rudi”, denunziert den Temeswarer Geheimbischof Adalbert Boros und gibt der Securitate den Rat, diesem jegliche Auslandsreisen zu untersagen, weil er Rumänien schaden könnte]

[20 februarie 1975. Hans Weresch, alias „Rudi”, îl denunţă pe episcopul clandestin din Timişoara, Adalbert Boros, sugerînd Securităţii să nu i se aprobe nicio călătorie în străinătate, fiindcă asta ar dăuna României]



ACNSAS, SIE 8817, vol. 2, f. 375





***
Ilie Verdeţ (1925-2001) über eine Inszenierung der Securitate: die Verhaftung von vier rumäniendeutschen Autoren im Oktober 1975
[Auszug aus einem 1992 veröffentlichten Interview]
In den siebziger Jahren waren Sie im Rahmen des ZK der RKP auch verantwortlich für die Minderheitenfragen. 1975 verhaftete die Securitate vier rumäniendeutsche Schriftsteller aus Temeswar (Gerhardt Csejka, Gerhard Ortinau, Richard Wagner und William Totok - Anm. W.T.). Warum haben Sie sich denn nicht für die verhafteten Autoren eingesetzt?



In Temeswar existierten damals eigentlich zwei Probleme. Im Rahmen eines Literaturkreises, der von einem ehrlichen Genossen, meinem Freund Nikolaus Berwanger (1935-1989) geleitet wurde, stellte man gewisse - nicht staatsfeindliche - Tendenzen fest, die im Widerspruch zur damaligen Politik standen. Ich sagte ihm, er möge die Mitglieder des Kreises in Ruhe lassen, denn jede Literatur braucht kontroverse Meinungen. Er erwähnte mehrere talentierte Jugendliche, die wegen ihrer Veröffentlichungen gewissen Schikanen ausgesetzt waren. Ohne mein Zutun gelangte dieser Fall in die Hände der Staatsorgane. Später erfuhr ich, dass diese Autoren wegen versuchter Republikflucht verhaftet worden waren. Dass sie gar keine Fluchtabsichten hatten, hörte ich erst später.
Viel, viel später.
Wegen dieser Sache war ich nie nach Temeswar gefahren, um vielleicht jemanden zu verhören oder um über die Fragen der Deutschen zu diskutieren. Niemals! Ich weiß nicht, ob man Ceauşescu und das ZK in Kenntnis gesetzt hatte. Als erster hätte ich es ja erfahren müssen, da ich Mitglied im ZK-Sekretariat war.
Wie gesagt, ich vertrat die Auffassung, dass es bestimmte Strömungen geben müsse. Was ich Ihnen jetzt sage, hat nichts mit Komplizenschaft zu tun. Ich riet Berwanger bloß, den Leuten weiterhin Anleitungen zu geben, sie aber in Ruhe zu lassen und alle Probleme innerhalb des Kreises zu lösen.
Merkwürdigerweise hatte mich jedoch der damalige Erste Parteisekretär [Mihai] Telescu, mit dem ich befreundet war, niemals auf ein solches Problem aufmerksam gemacht. [Ion] Iliescu [der zuvor - von 1971-1974 - Propagandasekretär im Kreis Temesch war - Anm. W.T.] muss alles gewusst haben. Warum er mir die Angelegenheit verschwiegen hatte, ist seine Sache. Erst später erfuhr ich, dass es sich um eine Inszenierung der Securitate gehandelt hatte.
William Totok, "»Ich war und bleibe ein Kommunist«. Gespräch mit Ilie Verdeţ, Premierminister unter Ceauşescu und Mitglied des ZK der Rumänischen Kommunistischen Partei (RKP), Mitbegründer und Chef der Sozialistischen Partei der Arbeit (SPA), in: Halbjahresschrift für südosteuropäische Geschichte, Literatur und Politik, 4. Jg., Heft 2, 1992, S. 88-95.

Aktualisiert - actualizat, 15. 8. 2022, 14:20 h