Freitag, August 28, 2009
Aus der Securitate-Akte von Herta Müller
Drei Dokumente aus der Securitate-Akte von Herta Müller
Zur Begründung der Eröffnung des operativen Vorgangs (D.U.I. - Dosar de urmărire informativă) wurden die "Voicu"-Interpretationen (vom 16.3.1982) von drei Texten Herta Müllers ("Das schwäbische Bad", "Dorfchronik" und "Meine Familie") benutzt (ACNSAS, I 233477, vol. 1, Bl. 5). Es war einer der letzten Berichte "Voicus", der kurz vor seiner Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland entstanden war.
Das denunziatorische Material, basierend auf Textinterpretationen von "Voicu", benutzte die Securitate, um den operativen Vorgang "Cristina" gegen Herta Müller am 24. Februar 1983 zu eröffnen. Das Dokument ist von Securitateleutnant Ion Beletescu verfasst. Die handschriftliche Anmerkung (vom 25. 2.) stammt von seinem Vorgesetzten, Oberstleutnant Nicolae Pădurariu. (ACNSAS, I 233477, vol. 1, Bl. 1 und 1v).
Das letzte Dokument (ACNSAS, I 233477, vol.1, Bl. 143) stammt aus dem Jahr 1985 und ist wahrscheinlich vom Auslandsgeheimdienst verfasst worden. Darin ist die Kritik der Landsmannschaftsführung an dem Band Herta Müllers "Niederungen" vermerkt. Die Bemerkungen der Landsmannschaftsfunktionäre wurden in Gesprächen mit Angehörigen der rumänischen Botschaft in der BR Deutschland gemacht.
Zur Begründung der Eröffnung des operativen Vorgangs (D.U.I. - Dosar de urmărire informativă) wurden die "Voicu"-Interpretationen (vom 16.3.1982) von drei Texten Herta Müllers ("Das schwäbische Bad", "Dorfchronik" und "Meine Familie") benutzt (ACNSAS, I 233477, vol. 1, Bl. 5). Es war einer der letzten Berichte "Voicus", der kurz vor seiner Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland entstanden war.
Das denunziatorische Material, basierend auf Textinterpretationen von "Voicu", benutzte die Securitate, um den operativen Vorgang "Cristina" gegen Herta Müller am 24. Februar 1983 zu eröffnen. Das Dokument ist von Securitateleutnant Ion Beletescu verfasst. Die handschriftliche Anmerkung (vom 25. 2.) stammt von seinem Vorgesetzten, Oberstleutnant Nicolae Pădurariu. (ACNSAS, I 233477, vol. 1, Bl. 1 und 1v).
Das letzte Dokument (ACNSAS, I 233477, vol.1, Bl. 143) stammt aus dem Jahr 1985 und ist wahrscheinlich vom Auslandsgeheimdienst verfasst worden. Darin ist die Kritik der Landsmannschaftsführung an dem Band Herta Müllers "Niederungen" vermerkt. Die Bemerkungen der Landsmannschaftsfunktionäre wurden in Gesprächen mit Angehörigen der rumänischen Botschaft in der BR Deutschland gemacht.
Dienstag, August 25, 2009
Auszüge aus den Reschitzaer Securitate-Akten von Anton Sterbling
Auszüge aus den Reschitzaer Akten von Anton Sterbling
Vom 27. Juni 1973 bis 8. Oktober 1974 wurde auch seitens der Securitate in Reschitza, dem damaligen Studienort von Anton Sterbling, mit hoher krimineller Energie wie auch auf eine größere Zahl von informellen Mitarbeitern gestützt, ein Verfolgungsverfahren („Urmărire informativă") gegen ihn unter dem konspirativen Namen „Pletosul" („Der Langhaarige") betrieben (Vgl. ACNSAS, I, 234092). Zu den informellen Mitarbeitern zählten vor allem Studienkollegen, die als „Informanten" oder „Kollaborateure" der Securitate tätig waren; aber auch Dozenten finden sich unter den Informationslieferern und selbst der Prorektor des Instituts („Institutul de Subingineri") hat der Securitate Auskünfte über ihn erteilt. Dazu liegen in den Archiven der ehemaligen Securitate rund 200 Seiten vor. Aus diesen ist zu entnehmen, dass am 23. September 1973 auch ein Strafverfahren („Urmărie penală") gegen ihn eröffnet wurde. Dieses hing mit einer bereits am 22. September 1973 begonnenen Ermittlung und Beschattung („filaj") rund um die Uhr zusammen, die bis zum 25. September 1973 dauerten. Im Rahmen dieser Aktion wurde im Hotel „Seminic", in dem Anton Sterbling mit seiner damaligen Freundin und heutigen Frau im Zeitraum der Beschattung wohnte, das Hotelzimmer durchsucht und die dort befindlichen literarischen Manuskripte wie auch bereits veröffentlichte Gedichte photokopiert. Es handelte sich u.a. um zwei „absurde" Theaterstücke, die er damals schrieb und an denen die Securitate offenbar ein besonderes Interesse hatte, wie den Akten und insbesondere den entsprechenden Aussagen der Informanten zu entnehmen ist. Die Kopien dieser literarischen Arbeiten finden sich auch in seinen Akten dokumentiert, wobei die als besonders gefährlich betrachtete Stellen unterstrichen und ins Rumänische übersetzt wurden. Eines der Stücke, „vielleicht schon general", ist im Heft 4/1974 der „Neuen Literatur" veröffentlicht worden. Die entsprechende „Lesehilfe" für die Securitate zu diesem Stück, die vom Informellen Mitarbeiter „Gruia" geliefert wurde, findet sich übrigens schon für die Öffentlichkeit zugänglich dokumentiert. (Unter dem Titel „Entscheidender Tipp für die Securitate" (18.8.2009), in dem Dokument „Gruia vol 2 Bl 21v.jpv", in: halbjahresschrift.blogspot.com/…). Wie diesem Beitrag zu entnehmen ist, ist „Gruia" heute in der Bundesrepublik Deutschland als Lehrer tätig.
Im Folgenden findet sich die Seite 5 des Ermittlungs- und Beschattungsberichts („filaj") vom 22. bis 25. September 1973 in die deutsche Sprache übersetzt und in der rumänischen Originalfassung dokumentiert.
„Vom Sommergarten des Restaurants Cina sind sie um 0,30 Uhr weggegangen, sie sind durch den „Central"-Park gegangen und gingen zum Bahnhof Temeswar Nord.-
Bis um 5,11 Uhr, als sie mit dem Personenzug Richtung Arad fuhren, sind sie im Bahnhof geblieben. In dieser Zeit spazierten sie auf dem Bahnsteig, setzten sich auf eine Bank, dann sind sie in den Warteraum I. Klasse gegangen, wo sie schliefen.-
Um 4,30 Uhr sind sie herausgekommen, nahmen ihr Gepäck und bestiegen den Personenzug Temeswar-Großwardein (Timişoara-Oradea), der auf das Gleis geschoben wurde. In diesem Zug haben sie Platz genommen und sind bis nach Arad gefahren. In Arad haben sie das Gepäck an der Gepäckaufbewahrung abgegeben und sind nachher zu Fuß in die Stadt.-
Sie haben in der Konditorei „Spicul" gefrühstückt und sind dann in das Hotel „Astoria" gegangen, wo die Genannte SOMER MARIANE (Handschriftlich und orthographisch falsch im rumänischen Dokument) Valuta im Wert von ca. 500 Lei wechselte, die sie dem Objekt „STOIAN" überreichte. Dieser ist nicht in die Empfangshalle des Hotels eingetreten, sondern wartete auf dem Boulevard der Republik.-
Sie spazierten dann noch am Ufer der Marosch und sind sodann zum Bahnhof gegangen, wo die Genannte zur Zollkontrolle ging und das Objekt „STOIAN" in der Bahnhofshalle auf sie wartete. Nach der Zollkontrolle haben sie sich auf dem Bahnsteig wiedergetroffen und nahmen das Gepäck und gingen zum Gleis 3, wo sie auf den internationalen Zug aus Bukarest warteten.-
Bis zur Ankunft des Zuges haben sie sich umarmt und geküsst. Nachdem er ihr geholfen hat einzusteigen, half er ihr beim Gepäck, dann ist das Objekt „STOIAN" ausgestiegen und diskutierte mit der Genannten SOMER MARIANE (Handschriftlich und orthographisch falsch im rumänischen Dokument), die am Fenster ihres Waggons stand.-
Beim Abschied waren Beide sehr bedenklich und haben geweint. Das Objekt „STOIAN" bleib auf dem Bahnsteig bis der Zug wegfuhr, dann ist er tief in Gedanken versunken in die Bahnhofshalle zurückgekehrt, wo er sich nach der Abfahrt eines Zuges nach Temeswar erkundete.-
Danach ist er auf den Platz vor dem Bahnhof hinausgegangen und ist in die Richtung des Stadtzentrums gegangen, ungefähr um 10,45 Uhr.-"
Mit diesem Moment der Aufklärungsmaßnahme („filajului") war diese zu Ende.-"
[Die entsprechende, „streng geheime" („strict secret") Akte Nr. 003388/6, vom 28. September 1973, ist eine vom Innenministerium. Militärische Einheit Nr. 0672/8. Temeswar (Ministerul de Interne. Unitatea Miltară Nr. 0672/8. Timişoara), an das Kreisinspektorat Karasch-Severin Reschitza. Dienststelle I (Inspectoratul judetean Caras-Severin. Resita - Serviciul I -) geschickte und am 2.10.1973 dort unter 00140631 registrierte „Note – bezüglich der Spionageaufklärung gegen den Genannten Sterbling Antoniu (Name handschriftlich) mit dem konspirativen Namen „Stoian", durchgeführt im Zeitraum 22.-25.9.1973." (NOTA – Privind filajul asupra numitului STERBLING ANTONIU cu nume conspirativ „STOIAN", efectuat pe perioda 22-25.09. 1973.). Die Akte umfasst 6 Seiten und ist in dem Anton Sterbling betreffenden Band des Nationalen Konzils für das Studium der Archive der Securitate (Consiliul naţional pentru Studierea Arhivelor Securităţii) mit der Seitenzählung 51 bis 56 aufbewahrt.]
(Hierzu Dokument 1)
Die fehlenden Temeswarer Akten
Die Tatsache, dass diese Beobachtungen und Ermittlungen durch eine Spezialeinheit aus Temeswar durchgeführt wurden, die Anton Sterbling unter dem Decknamen „Stoian" führte, und viele weitere Indizien sprechen dafür, dass auch im Kreis Temesch, dem Haupttätigkeitsgebiet der „Aktionsgruppe Banat", der er damals angehörte, Akten zu seiner Person angelegt waren und geführt wurden. Diese Akten wurden bisher, trotz zweimaliger Nachfrage in Bukarest und der Bitte um weitere Nachforschungen nach diesen Akten nicht aufgefunden bzw. noch nicht ausgehändigt. Es ist zu vermuten, dass sie sich in den noch nicht freigegeben Aktenbeständen des heutigen Rumänischen Informationsdienstes (SRI) befinden, der eine unmittelbare Nachfolgeeinrichtung des Auslandsspionagedienstes der Securitate ist. Näheres dazu ist zum Beispiel den Arbeiten von Marius Oprea [in deutscher Sprache: Marius Oprea: Das Erbe der Securitate, in: Hans-Joachim Veen (Hrsg.): Alte Eliten in jungen Demokratien? Wechsel, Wandel und Kontinuität in Mittel- und Osteuropa, Böhlau Verlag, Köln-Weimar-Wien 2004 (S. 345-361)] wie auch dem Beitrag von Herta Müller: Die Securitate ist noch im Dienst, in: „Die Zeit", Hamburg 23.7.2009, zu entnehmen.
Dass es in Temeswar geführte Akten gab, soll durch folgendes Dokument belegt werden, in dem der damalige Chef der Securitate des Kreises Karasch-Severin, Oberstleutnant Stefan David [von 1992-1996 übrigens Abgeordneter der Sozialistischen Partei der Arbeit, PSM, im rumänischen Parlament und zwei Legislaturperioden Senator der großrumänischen Partei, PRM], und der Chef der Securitate von Reschitza, Oberstleutnant Petre Moldovan, das Dossier 3449, aus dem hervorgeht, dass Anton Sterbling „verhaftet und verurteilt war", für ein zweiwöchiges Studium aus Temeswar angefordert wurde.
(Hierzu Dokument 2)
Die Nachforschungen bei der „Neuen Literatur" und beim „Neuen Weg"
Aus weiteren, hier dokumentierten Akten geht hervor, dass der damalige Chef der Securitate des Kreises Karasch-Severin, Oberstleutnant Stefan David, und der Chef der Securitate von Reschitza, Oberstleutnant Petre Moldovan, auch bei der Securitate in Bukarest nach den Verbindungen von Anton Sterbling zu der Zeitschrift „Neue Literatur" und der Zeitung „Neuer Weg" nachgefragt haben. Interessant ist diesen Dokumenten u.a. zu entnehmen, dass in der Antwort aus Bukarest angeregt wurde, informelle Mitarbeiter der Securitate aus den Reihen der Redakteure des „Neuen Wegs" nach Reschitza zu schicken, damit diese Anton Sterbling kontaktieren.
(Hierzu Dokument 3 und 4)
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